Wörter und ihre Objekte
Wenn wir sprechen, verwenden wir Wörter, um die Gegenstände unserer Umgebung zu bezeichnen. Mit den Wörtern besitzen wir die Gegenstände aber nicht, sondern bezeichnen sie nur, und wie wir alle wissen, sind Wörter nicht identisch mit den bezeichneten Gegenständen. Dass keine Identität besteht, ist offensichtlich.
Beispiele für die nicht immer logische Wortgebung finden Sie in diesem Beitrag, indem erklärt wird, weshalb die Leise laut spielt und die Laute leise.
Abb. 1: Das Piano (Das Leise)
Abb.2: Die Laute (Das Holz)
Wie aber sieht die Beziehung zwischen Wörtern und Gegenständen aus, wenn sie keine Identität ist? Sie kann keine 1:1-Beziehung sein, denn wir bezeichnen verschiedene Gegenstände mit dem gleichen Wort und können umgekehrt mehrere Wörter für denselben Gegenstand verwenden. Die Beziehung ist auch nicht fix, denn je nach Kontext bedeutet das gleiche Wort etwas anderes. Wörter ändern sich unaufhaltsam mit der Zeit, sie ändern ihren Klang und ihre Bedeutung.
Der Bezug von Worten und bezeichneten Objekten wird sehr erhellt durch die berühmte Darstellung des semiotischen Dreiecks von Ogden und Richards1 von 1923.
Das semiotische Dreieck
Abb 3: Das Semiotische Dreieck nach Ogden und Richards1
Die Idee des Dreiecks hat viele Vorläufer. u.a. Gottlob Frege, Charles Peirce, Ferdinand de Saussure und Aristoteles.
Ogden und Richards machen mit dem semiotischen Dreieck darauf aufmerksam, dass wir Worte, Objekte und Begriffe nicht verwechseln sollen. Die drei Spitzen des Dreiecks zeigen nämlich auf drei Bereiche, die von ihrer Natur her völlig verschieden sind.
Das Heikle dabei ist, dass wir nicht nur versucht sind, sondern dass wir zu Recht nichts anderes tun, als die drei Spitzen zusammenzubringen, so als wären sie identisch. Wir wollen nämlich, dass das Wort ein Objekt genau bezeichnet. Wir wollen, dass unsere Begriffe genau mit den Wörtern, die wir dafür verwenden übereinstimmen. Trotzdem sind die Wörter nicht die Objekte und auch nicht Begriffe.
Ogden und Richards sagen dazu: «Zwischen dem Symbol [Wort] und dem Referenten [Objekt] gibt es keine andere relevante Beziehung als die indirekte, die darin besteht, dass das Symbol von jemandem [Subjekt] dazu benutzt wird, einen Referenten zu vertreten.»
Der Bezug zwischen dem Wort (Symbol, Zeichen) und dem Objekt (Referent) ist stets indirekt und verläuft über den Gedanken von jemandem, d.h. das Wort aktiviert ein gedankliches Konzept von ‹jemandem›, d.h. von einem menschlichen Subjekt, Sprecher oder Zuhörer. Dieses gedankliche Konzept ist der Begriff.
Abb. 4: So sehen Ogden und Richards den indirekten Bezug zwischen Symbol und bezeichnetem Objekt (Referent) –> Die abgeschwächte Basislinie findet sich auch im Original. Symbol (Wort) und Referent (Bezugsobjekt) sind nur indirekt über den Gedanken in den verstehenden Subjekten miteinander verbunden.
Wenn wir uns mit Semantik beschäftigen, ist es unverzichtbar, einen Blick auf auf das Dreieck zu werfen. Nur die Begriffe in unserem Kopf verbinden die Wörter mit den Gegenständen. Eine direkte Verbindung ist eine Illusion.
Dies ist ein Beitrag zum Thema Semantik.
1 Ogden C.K. und Richards I.A. 1989 (1923): The Meaning of Meaning. Orlando: Harcourt.
Sehr interessant, Ihre Gedankengänge. Ich habe sehr vieles mit großem Vergnügen gelesen( angefangen mit dem pythagoräischen Komma). Ich bin selber Musikerin mit Hobbyforschung zu Schwingung- Wort-Leben-Religion. Hochinteressant. Aber gerade hier verlässt mich die Zustimmung, denn für meine Begriffe fehlt diesem Dreieck das ganz Entscheidende, die Empfindung. (Wo auch sonst sollen wir resonieren?) Das Wort wurde über eine Empfindung gebildet(‹Bild’haftes ab-bilden= Re-sonanz), sodass es ursprünglich im eigentl. Sinne kein Be-griff war. Das ist auch das fehlerhafte(und für mein Verständnis absolut ungesunde) an Informatik(Technik, die Denken ersetzen soll), dass es den Menschen und seine Welt, incl. das Denken auf Begrifflichkeiten reduziert (und zB.durch die Symbolik 1 und 0 ständig mit der Symbolik EINS-SEIN oder NICHT(S)SEIN konfrontiert->das ist MEINE Interpretation;). Aber ich habe die Artikel über KI noch nicht gelesen, was ich jetzt nachholen werde. Dennoch glaube ich, das Problem der Menschen liegt tatsächlich in der Nichtwahrnehmung/Unterdrückung/ zum Be-‹griff›-lichen-transformieren der Empfindungswelt. Was das Dreieck überdeutlich zum Ausdruck bringt.
Technik kann Denken nicht ersetzen. Das ist ganz meine Meinung und davon handelt auch mein Buch «Wie die künstliche Intelligenz zur Intelligenz kommt». Die maschinelle Intelligenz ist nicht die biologische Intelligenz und das Buch benennt die Unterschiede.
Begriffe sind mehr als Wörter oder Zahlen, sondern innere Vorstellung, die den Kern davon bilden, was wir dann später mit den Wörtern meinen. Wörter werden nur verstanden, wenn jemand ähnliche Bilder und Empfindungen schon kennt. Wir können nur über Dinge sprechen, die wir erlebt haben, von denen wir also einen Begriff haben. Oft habe ich einen Begriff, aber noch kein Wort dafür. Wörter ohne dahinter steckende Begriffe sind leer.
Das semiotische Dreieck handelt davon, wie Wörter mit den von ihnen gemeinten Objekten verbunden sind, dass das nicht direkt geht, sondern nur über unsere inneren Vorstellungen, eben über die Begriffe, die mit Emotionen, Empfindungen und Erlebnissen verbunden sind.