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Informationsreduktion 5: Das klassische Wasserglas

Informationsreduktion in der Wärmelehre

In der Wärmelehre findet sich ein ganz besonderes Beispiel für die Informationsreduktion. Das Beispiel ist deshalb besonders, weil es so einfach ist. Es zeigt das Grundgerüst der Informationsreduktion in aller Deutlichkeit, ohne die Komplexität anderer Beispiele, z.B. solchen aus der Biologie. Es ist vielen von uns auch aus dem Physikunterricht bereits bestens bekannt.

Was ist Temperatur?

Ein Wasserglas enthält viele Wassermoleküle, die sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in unterschiedlichen Richtungen bewegen, dabei immer wieder mit anderen Wassermolekülen zusammenstossen und bei jedem Stoss Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung ändern. Mit anderen Worten: Das Wasserglas ist der typische Fall eines realen Objektes, das eine von aussen unüberblickbare Informationsmenge enthält.

Das ist die Darstellungsweise mit den Wassermolekülen. Was ist nun die Temperatur der Flüssigkeit im Wasserglas?

Wie Ludwig Boltzmann erkannte, ist die Temperatur nichts anderes als die Folge der Bewegungen der vielen einzelnen Einzelmoleküle in einem Gasbehälter oder einem Wasserglas. Je schneller sie sich bewegen, umso mehr Energie haben sie und umso höher wird die Temperatur.

Wie er zeigte, lässt sich die Temperatur statistisch eindeutig aus den Bewegungsenergien der vielen Moleküle berechnen. Milliarden von Molekülen mit ihren dauernden Bewegungsänderungen ergeben genau eine Temperatur. Aus vielen Informationen wird eine.

Die Mikroebene und die Makroebene

Bemerkenswerterweise kann auf der Ebene der einzelnen Moleküle nicht von Temperatur gesprochen werden. Dort findet sich nur die Bewegung der vielen einzelnen Moleküle, die sich bei jedem Stoss ändert, abrupt und z.T. massiv. Die Bewegungsenergie der Moleküle ist abhängig von ihrer Geschwindigkeit und ändert sich entsprechend bei jedem Stoss mit.

Obwohl sich auf der Mikroebene der Wassermoleküle die Bewegungen dauernd ändern, bleibt auf der Makroebene des Wasserglases die Temperatur vergleichsweise konstant. Und für den Fall, dass sich die Temperatur ändert, weil z.B. Wärme vom Wasser an die Wände des Glases abgegeben wird, gibt es Formeln, die die Bewegung der Wärme und somit die Temperaturänderung berechnen lassen. Diese Formeln bleiben auf der Makroebene, d.h. sie kommen ganz ohne den Einbezug der vielen und komplizierten Stösse und Bewegungen der Wassermoleküle aus.

Man kann den Temperaturverlauf somit vollständig auf der Makroebene beschreiben und berechnen, ohne die Details der Mikroebene mit den vielen Wassermolekülen kennen zu müssen. Obwohl die Temperatur (Makroebene) vollständig und ausschliesslich durch die Bewegung der Moleküle (Mikroebene) definiert wird, ist die Kenntnis der Detailinformationen für ihre Voraussage (Temperaturverlauf auf der Makroebene) gar nicht nötig. Die Details der Mikroebene scheinen auf der Makroebene zu verschwinden. Wir haben einen typischen Fall von Informationsreduktion.


Im Fortsetzungsbetrag wird das Bild vom Wasserglas präzisiert. Anschliessend schauen wir das Verhältnis von Mikro- und Makrozustand genauer an.


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