Selbstreferentialität 1

Vor 20 Jahren las ich fasziniert Douglas Hofstadters Kultbuch „Gödel-Escher-Bach“. Zentral darin ist Gödels Unvollständigkeitssatz. Dieser Satz zeigt eine (die?) Grenze für die klassische mathematische Logik auf, und Gödel bewies sie 1931 zusammen mit der Tatsache, dass sie prinzipiell für alle klassischen mathematischen Systeme unüberwindbar ist.

Das ist schon erstaunlich – insbesondere, da wir als Kinder der Aufklärung und überzeugte Jünger der Ratio nichts für stabiler und sicherer ansehen als die Gesetze der Mathematik.


Hofstadters Buch hat jedenfalls einen enormen Eindruck auf mich ausgeübt. Allerdings hatte ich an gewissen Stellen, z.B. beim Thema der „Kodierung“ von Information den Eindruck, dass hier bestimmte Aspekte durch den Autor sehr vereinfacht werden. Bei einem Erkennungsvorgang bei dem Information aufgenommen wird, spielt m.E. die Art des Einbaus in das interpretierende System eine grosse Rolle. Das einbauende System ist dabei durchaus aktiv und entscheidet mit. Eine Information ist vor und nach dem Einbau nicht genau dieselbe. Hat hier der Interpret, d.h. das aufnehmende (kodierende) System keinen Einfluss? Und wenn doch, welchen?

Zusätzlich erschien mir der Aspekt der „Zeit“ nicht genügend berücksichtigt, Informationsverarbeitung findet in der realen Welt jedenfalls immer innerhalb einer gewissen Zeit statt. Dabei gibt es ein Vorher und ein Nachher und ein aufnehmendes System wird dadurch auch verändert. Zeit und Information sind m.E. untrennbar miteinander verbunden, hier schien mir Hofstadter etwas zu verpassen.


Meine Rezeption von Hofstadter wurde weiter herausgefordert durch Hofstadters Einordnung als Vertreter der „starken KI“. Die „starke KI“-Hypothese besagt, dass menschliches Denken, ja menschliches Bewusstsein, durch Computer auf Basis von mathematischer Logik simuliert werden könne, eine Hypothese, die mir damals – und auch heute – reichlich gewagt erscheint.

Roger Penrose soll zu seinem Buch „Emperor´s New Mind“ durch eine BBC-Sendung provoziert worden sein, in der Hofstadter, Dennett und andere begeistert die starke KI-These vertreten haben, die Penrose offensichtlich nicht teilen mag. Ich wie gesagt auch nicht.

Aber natürlich sind Frontlinien nie so einfach. Obwohl ich sicher nicht auf der Seite der starken KI stehe, bleibt mir Hofstadters Vermittlung von Gödels Unvollständigkeitssatz als einer zentralen Erkenntnis der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts doch unvergesslich. Mit Begeisterung las ich auch das Interview mit Hofstadter, das diesen Frühling im Spiegel erschien (DER SPIEGEL 18/2014: „Sprache ist alles“). Darin postuliert er u.a. dafür, dass Analogien im Denken von Wissenschaftlern entscheidend seien und er grenzt seine Interessen von denen der profitorientierten IT-Industrie ab. Gedanken, denen man sich sehr wohl anschliessen mag.


Doch zurück zu Gödel. Was ist – in Laiensprache – der Trick in Gödels Unvollständigkeitssatz?

Der Trick besteht darin, einen Satz, eine logische Aussage …

1. auf sich selber zu beziehen
2. sie dann zu verneinen.

Das ist der ganze Trick. Mit dieser Kombination lässt sich jedes klassische formale System sprengen.

Ich fürchte, ich muss dies näher erläutern …

(→ „Selbstreferentialität 2“)

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