Präzisierung der Herausforderungen an die regelbasierte KI

Die regelbasierte KI ist im Hintertreffen

Die Unterscheidung zwischen regelbasierter und korpusbasierter KI ist in mehrerer Hinsicht sinnvoll, denn die beiden Methoden funktionieren völlig unterschiedlich. Das bedeutet nicht nur, dass die Herausforderungen ganz andere sind, sondern in der Folge auch die Entwicklungsverläufe zeitlich nicht parallel erfolgen. Wenn heute von KI gesprochen wird, ist eigentlich nur die korpusbasierte gemeint, die regelbasierte scheint deutlich abgehängt zu sein.

Meines Erachtens hat das aber nur damit zu tun, dass die regelbasierte KI in eine Sackgasse gekommen ist, aus der sie erst herausfindet, wenn sie ihre spezifischen Herausforderungen richtig erkennt.  Deshalb sollen hier die Herausforderungen genauer beschrieben werden.

Übersicht über die Herausforderungen

Im Vorbeitrag habe ich vier Herausforderungen an die regelbasierte KI genannt. Die ersten beiden lassen sich nicht grundsätzlich verbessern. Es braucht Experten für die Regelerstellung und die müssen sowohl Experten für abstrakte Logik wie auch Experten des jeweiligen Fachgebietes sein. Daran lässt sich nicht viel ändern. Auch die zweite Herausforderung bleibt bestehen, das Finden solcher Experten bleibt ein Problem.

Besser steht es um die Herausforderungen drei und vier, nämlich um die grosse Zahl der nötigen Regeln und ihre Komplexität. Obwohl gerade diese beiden Herausforderungen scheinbar unveränderliche Hürden von beträchtlicher Höhe darstellen, können sie mit den nötigen Erkenntnissen einiges an Schrecken verlieren. Allerdings müssen beide Herausforderungen konsequent angegangen werden, und das heisst, dass wir einige liebgewordenen Gewohnheiten und Denkmuster über Bord werfen müssen. Das sehen wir uns jetzt genauer an.

Für die Regeln braucht es einen Raum und einen Kalkulus

Regelbasierte KI besteht aus zwei Dingen:

  • den Regeln, die eine Domain (Fachgebiet) in einem bestimmten Format beschreiben und
  • einem Algorithmus, der bestimmt, wann welche Regeln ausgeführt werden.

Um die Regeln zu bauen, brauchen wir einen Raum, der festlegt, aus welchen Elementen die Regeln bestehen können und dadurch auch, was innerhalb des Systems überhaupt ausgesagt werden kann. Ein solcher Raum besteht nicht von selber, sondern muss bewusst gestaltet werden. Und zweitens brauchen wir ein Kalkulus, d.h. einen Algorithmus, der festlegt, wie die so gebauten Regeln angewendet werden. Selbstverständlich können sowohl der Raum als auch der Kalkulus ganz unterschiedlich angelegt sein, und diese Unterschiede «machen den Unterschied», d.h. sie erlauben eine entscheidende Verbesserung der regelbasierten KI, allerdings um den Preis, dass liebgewordene Gewohnheiten über Bord geworfen werden müssen.

Drei Neuerungen

In den 90er Jahren haben wir in unserem Projekt Semfinder deshalb in Beides investiert, sowohl in die grundlegende Gestaltung des Begriffsraums wie auch in den Kalkulus. Wir haben unser regelbasiertes System auf der Grundlage folgender drei Neuerungen erstellt:

  • Datenelemente: Konsequent komposite Datenelemente (Begriffsmoleküle).
  • Raum: Multidimensional-multifokale Architektur.
  • Kalkulus: Non Monotonic Reasoning (NMR).

Diese drei Neuerungen wirken zusammen und erlauben es , mit weniger Datenelementen und Regeln mehr Situationen präziser abzufangen. Durch die multifokale Architektur kann besser, d.h. situationsgerechter und detaillierter modelliert werden. Da gleichzeitig die Zahl der Elemente und Regeln abnimmt, verbessert sich die Übersicht und Wartbarkeit. Durch die drei Neuerungen gelingt es, die Grenzen zu sprengen, die regelbasierten Systemen bisher bezüglich Umfang, Präzision und Wartbarkeit gesetzt waren.


Dies ist ein Beitrag zum Thema künstliche Intelligenz (KI). Im Folgebeitrag werden wir untersuchen, wie die drei oben genannten Neuerungen wirken.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert